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escape the ordinary

Jeden Morgen zwänge ich mich, wie 6,3 Millionen andere Menschen in Deutschland, in die vollgestopften Bahnen, um zur Schule zu kommen. Genügend Menschen, um dem einen oder anderen bei Langeweile Löcher in den Bauch zu glotzen, ohne sich aus seiner schützenden Anonymität herauslösen zu müssen. Genügend Menschen, um nicht aufzufallen, genügend Menschen, um Teil einer Masse zu werden.

Konformität. Eine abstoßende Vorstellung, wie ich finde. Aber wenn ich mich morgens so umschaue, sehe ich genau das. Mädchen im Teenageralter wie ich, mit schwarzer Tasche, Skinny Jeans, einem gecropptem Markenshirt und Sneakern an den Füßen. Alle gleich, niemand anders. Ist es das, wohin uns die Gesellschaft presst? Ist es überhaupt die Schuld der Gesellschaft?

Individualität bezieht sich natürlich auf einen viel größeren Bereich als nur den des Klamottenstils. Sie bezieht sich auf die Denkweise. Auf die daraus folgenden Taten. Auf die Art, den Charakter, die Entscheidungen, sie bezieht sich auf Alles. Ohne Individualität wären wir nicht dort, wo wir heute sind, woher kommt denn der technische Fortschritt? Wissenschaftler, die sich nicht trauen hervorzustechen, brilliant zu sein, besser und innovativer als andere. Wo wären wir denn dann?

Fehlende Individualität, dieses Phänomen schließt auch mich nicht aus. Entstanden aus mangelndem Selbstbewusstsein, dem Gefühl, nicht mit den anderen mithalten zu können, nicht „genug“ zu sein, ich kenne es selber viel zu gut. Vielleicht ist Social Media eine Art Katalysator dafür. Das vermeintlich perfekte (oder perfekt inszenierte?) Leben von Stars, von Freunden, von Bekannten wird einem täglich vor Augen geführt. Was haben sie, was ich nicht habe? Die Plattform, um sich selbst mit anderen zu vergleichen wird durch Social Media extrem vergrößert, die Unzufriedenheit mit sich selbst steigt. Anpassung als einziger Weg, mithalten zu können.

 

Doch dieses fehlende Selbstbewusstsein ist gleichzeitig der Ursprung für den Gruppenzwang, für Mobbing. Wer sich nicht anpasst, ist komisch. Schon im Kindergarten weiß man das. Ein Teufelskreis.

Um individuell zu sein, muss ich Mut haben, wissen, wofür ich stehe. Mich aus dem sicheren Schatten bewegen, meinen Kopf aus dem Fenster strecken. Den Gegenwind spüren und ihn genießen. Was möchte ich sein? Wenn ich mich als außenstehende Person selbst betrachte, kann ich mich mit mir selbst identifizieren? Wäre ich zufrieden mit mir?

Ich arbeite jeden Tag daran. Ich habe meine Social Media Accounts gelöscht. Mit meinen Klamotten versuche ich mich täglich aus meiner Komfortzone zu bewegen, ich will nicht abhängig von der Meinung anderer sein. Ich möchte nicht in der Masse verschwinden. Ich möchte mich nicht von anderen leiten lassen. Ich möchte ein Mensch sein, der für sich selbst steht, einer, der in Erinnerung bleibt.

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