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Katzen und andere verlorene Dinge

Es war schon später Abend, aber etwas in der Wohnung war anders als sonst. Etwas rastlos blickte man sich um, schaute in die Gesichter der übrigen Anwesenden und meinte, dort dieselbe Ratlosigkeit, dasselbe Gefühl wiederzufinden. Man ließ den Blick über die Einrichtung gleiten. Man erblickte die gleichen Möbel wie sonst, keinen Millimeter verschoben. Die gleiche blecherne, einschläfernde Stimme tönte aus den Lautsprechern, die mit dem Fernsehbildschirm gekoppelt waren. Die Staubschicht auf den Büchern war möglicherweise etwas dicker als vorgestern. Per se ließ sich jedoch kein gravierender Unterschied feststellen. Deswegen drängte man das merkwürdige Gefühl weg, indem man einfach mit dem fortfuhr, was man sonst so tat. Komischerweise funktionierte das nur kurzfristig. Sobald man kurz innehielt, war es wieder da, dieses seltsame Gefühl. Man setzte sich hin und überlegte. Man sah, dass alle anderen auch still zu überlegen schienen. Man versuchte sich zu artikulieren. Eine seltsam
Letzte Posts

lost in space

Verfolgt fühle ich mich: in meinen Träumen jagen mich reptilienartige Außerirdische, Deep State wächst Krakenarme und hält mich fest. Ich kann nicht dagegen ankommen, ein Kampf lohnt sich nicht, denn schon nähert sich meinem armen, malträtierten Körper, seinem armen, vernebelten Geist eine Spritze. Q, wo bleibst du, mein Held? Ich bin doch nur ein Kind! In einer zunehmend vernetzten Welt, in der ich nicht mehr links von rechts von oben von unten unterscheiden kann, sind Geschichten der Ausgangspunkt, in denen sich die Welt in Anfang, erregendes Moment, Höhepunkt, retardierendes Moment und Apokalypse entwirren lässt. Zum Guten und zum Schlechten werden sie genutzt und oft verstehe ich nicht, welche beruhigende Wirkung sie auf mich haben, bis ich wieder eine Neue lese und mir denke, was wäre wenn? Eine Pandemie, die mit der Ermordung von Bill Gates und anderen hochrangigen Politikern beendet werden kann, gibt mir Hoffnung. Eine Apokalypse liegt nicht in unserer, in meiner Verantwortung,

Lindenmusik

Gestern Nacht saß ich draußen vor dem Gartentor Hörte die Bienen summen Das Rauschen der Autobahn zu mir hinüberwehen Und fühlte mich allein. Ein sanfter Wind ging umher Meine Armhaare stellten sich auf und ich stellte mir vor ich säße nicht hier ohne dich. Der Wind verirrte sich in meinen Haaren Die Geräusche der Nacht hörten sich wie dein Flüstern an. langsam fuhr ich mit meiner hand über die rauhe rinde des baumstamms neben mir in den blättern der linde verfing sich Dein lachen verzauberte mich und regnete rot gelb golden auf mich hinab ich kann Deine berührung spüren in meiner armbeuge auf meiner kopfhaut Konnte deine sanfte Berührung spüren; Gänsehaut von Haarspitze bis Fußsohle. Elektrisiert saß ich so dort Ließ mich aufsaugen von dir und dem Moment bis Ich wieder Ich wurde. Einsam. Verlassen. Allein. Wo bleibst du?

Mai im Regen

Einsam ist’s. Inmitten der dreckigen, kreischenden, pulsierenden Verkehrsader stehe ich auf dem kleinen Inselchen. Ich lasse mich von den feinen Tröpfchen bewässern, die von den Autoreifen hochgeschleudert werden, schließe die Augen und rieche den nassen Asphalt. Ich öffne sie wieder. Der Geschmack eines Döners hallt in meinem Mund nach und ich spüre, wie ein feuchter Zug langsam meine Jacke durchnässt. Durch meine Poren dringt. Augenblicke des Glücks. So schnell verschwunden, wie sie gekommen sind, sind sie doch nichts weiter als ein kurzes Aufwachen. Eine kurze Flucht aus der Stupidität des Alltags. Bevor ich wieder einschlafe. Von der Routine aufgelöst verschmelzen die einzelnen Tage in meinem Gedächtnis zu einem Klumpen Zeit, nicht besonders lang, nicht besonders spannend, nicht besonders schlecht. Durchschnittlich. Langsam fange ich an zu frieren, ich ziehe den Reißverschluss meines Zip-ups hoch und schlinge meine Arme um meinen Körper. Was hat Zeit schon groß zu s

Identitätslos

Ich habe einen fremden Mann getroffen. Ich sehe ihn noch nicht vollständig, aber auch mein Augenwinkel ist Teil meines Bewusstseins. Noch bevor seine Erscheinung auf meiner Netzhaut angekommen ist, habe ich entschieden, dass ich ihn mag. Er passt gut in das Bild meiner Welt. Er liefert mir die Bestätigung, dass sie in geregelten Bahnen, in den von mir festgestellten Grundprinzipien verläuft. Sein kultiviertes Äußeres lässt darauf schließen, dass er eine gute Bildung erfahren hat. Dort wo er jetzt ist, ist er rechtmäßig, schließlich hat er sich sein Leben lang ins Zeug gelegt – er ist selbstbewusst, aber nicht so, dass ich mich in meinem eigenen Wert herabgesetzt fühle. Ist er geistreich, aber nicht geblendet von sich selbst, lässt er andere Gedankengänge zu, kann die Qualitäten anderer Personen anerkennen? Er ist wie ich, zumindest ein Stück weit, er denkt wie ich, wir sind uns ähnlich. Vor einem Bruchteil von einer Sekunde habe ich einen fremden Mann getroffen. Ohne dass er überhaup

escape the ordinary

Jeden Morgen zwänge ich mich, wie 6,3 Millionen andere Menschen in Deutschland, in die vollgestopften Bahnen, um zur Schule zu kommen. Genügend Menschen, um dem einen oder anderen bei Langeweile Löcher in den Bauch zu glotzen, ohne sich aus seiner schützenden Anonymität herauslösen zu müssen. Genügend Menschen, um nicht aufzufallen, genügend Menschen, um Teil einer Masse zu werden. Konformität. Eine abstoßende Vorstellung, wie ich finde. Aber wenn ich mich morgens so umschaue, sehe ich genau das. Mädchen im Teenageralter wie ich, mit schwarzer Tasche, Skinny Jeans, einem gecropptem Markenshirt und Sneakern an den Füßen. Alle gleich, niemand anders. Ist es das, wohin uns die Gesellschaft presst? Ist es überhaupt die Schuld der Gesellschaft? Individualität bezieht sich natürlich auf einen viel größeren Bereich als nur den des Klamottenstils. Sie bezieht sich auf die Denkweise. Auf die daraus folgenden Taten. Auf die Art, den Charakter, die Entscheidungen, sie bezieht sich auf Alles.