Es war schon später Abend, aber etwas in der Wohnung war anders als sonst.
Etwas rastlos blickte man sich um, schaute in die Gesichter
der übrigen Anwesenden und meinte, dort dieselbe Ratlosigkeit, dasselbe Gefühl
wiederzufinden.
Man ließ den Blick über die Einrichtung gleiten. Man
erblickte die gleichen Möbel wie sonst, keinen Millimeter verschoben. Die
gleiche blecherne, einschläfernde Stimme tönte aus den Lautsprechern, die mit
dem Fernsehbildschirm gekoppelt waren. Die Staubschicht auf den Büchern war
möglicherweise etwas dicker als vorgestern. Per se ließ sich jedoch kein
gravierender Unterschied feststellen.
Deswegen drängte man das merkwürdige Gefühl weg, indem man
einfach mit dem fortfuhr, was man sonst so tat. Komischerweise funktionierte
das nur kurzfristig. Sobald man kurz innehielt, war es wieder da, dieses
seltsame Gefühl.
Man setzte sich hin und überlegte. Man sah, dass alle
anderen auch still zu überlegen schienen. Man versuchte sich zu artikulieren.
Eine seltsame Leere war der gemeinsame Nenner, auf den man kam.
Es gibt Dinge oder auch Personen, die einem grundsätzlich
nicht auffallen, bis sie dann auf einmal verschwunden sind. Dezente Wandfarben
oder Möbelstücke haben diese unerklärliche Eigenschaft.
Und dann gibt es Dinge, deren Vorhandensein so tatsächlich
ist, dass ihr Verschwinden die gleiche Tatsächlichkeit anzunehmen scheint. Bis
jemand auf das Nicht-mehr-Vorhandensein dieser Dinge hinweist und man sich dann
erinnert.
“Stimmt, das gab es ja mal. Mir ist gar nicht aufgefallen,
dass es verschwunden ist. Hast du es weggeschmissen?”
“Den kannte ich ja mal. Mir ist überhaupt nicht aufgefallen,
dass wir uns voneinander entfremdet haben. Wann ist das passiert?”
Die seltsame Leere war auch noch da, als man sich ins Bett
legte und versuchte, einzuschlafen. Es funktionierte nicht.
Obwohl es schon spät in der Nacht war, war etwas immer noch
anders als sonst.
Da hörte man auf einmal ein leises Kratzen an der Tür,
verbunden mit einem kleinen Maunzen. Man stand auf, ging zur Tür, schloss sie
auf, und da saß er:
Der kleine fette Kater, den man die ganze Zeit vermisst
hatte. Und der für uns anscheinend zur ersten Kategorie der verschwundenen
Dinge gehörte. Wir legten uns ins Bett, spürten jetzt bewusst den kleinen
Fellklumpen am Fußende und konnten endlich schlafen.
Das Fehlen seines von uns angebrachten Halsbändchens, das
uns als seine Besitzer ausgewiesen hatte, bemerkten wir nicht.
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